Das Management von Zielen und Zielsystemen zur Strategieumsetzung gehört zu einer Kernaufgabe der Finanzfunktion. Inwieweit erfasst die digitale Transformation der Finanzfunktion also auch Ziele und Zielsysteme?
Diese Frage war unter anderem Gegenstand einer Untersuchung, die mein Team und ich an der Universität Münster im letzten Jahr zum Thema OKR im deutschen Mittelstand durchgeführt haben. Die Antworten waren recht ernüchternd: es dominieren Tools und Standard-Software zur Kommunikation, Dokumentation oder Tabellenkalkulation wie Microsoft Excel, Microsoft Teams oder ein direkter Austausch per E-Mail. Nur eine Minderheit der befragten Unternehmen setzt spezielle Software ein. Dies ist insofern erstaunlich, als dass Führungsprinzipien wie Partizipation, Transparenz, und Selbststeuerung in Zielsystemen vermehrt Einzug finden – nicht nur in Start-ups, sondern auch im deutschen Mittelstand, und nicht für bei den wenigen Anwendern des Steuerungskonzeptes Objektives und Key Results (OKR), sondern in einer Mehrheit der befragten Unternehmen mit klassischen Zielsystemen. So zeigen weitere Ergebnisse der Befragung, dass Ziele und Zielfortschritte in vielen Unternehmen mittlerweile in der gesamten Abteilung oder sogar im gesamten Unternehmen transparent gemacht werden und die Mitarbeitenden Ziele und deren laufende Anpassung maßgeblich mitgestalten, oft in einem unterjährigen Rhythmus. Studien zeigen zudem, dass Ziele eher dann erreicht werden, wenn sie gemeinsam mit den Mitarbeitenden vereinbart werden und laufendes Feedback erfolgt – über eine Selbstkontrolle oder im Rahmen von Gesprächen mit Kollegen und Mitarbeitern. Software kann hier insofern helfen, als dass sie Kommunikation erleichtert und über Echtzeitzugriff Transparenz schafft (siehe auch meinen Beitrag zum Thema Warum die Arbeitswelt digitale Ziele und Software braucht ).
Warum digitalisieren mittelständische Unternehmen ihre Zielsysteme dann nicht? Diese Frage haben wir auch gestellt und Antworten bekommen:
Zum einen wurde in vielen kleineren und mittleren Unternehmen in Deutschland die Digitalisierung der Unternehmenssteuerung bisher zurückgestellt und bleibt eine zentrale Aufgabe für die nächsten Jahre. Zum anderen fokussieren sich Anbieter von Software-Lösungen für OKRs vor allem auf den angloamerikanischen Markt oder auf international ausgerichtete Start-ups. Aufgrund des Angebots in englischer Sprache und der vergleichsweise hohen Komplexität vieler am Markt angebotener Lösungen sind diese nicht auf die Erfordernisse deutscher mittelständischer Unternehmen abgestimmt. Ein weiterer Nachteil: oft bieten reine „OKR-Software Tools“ keine Integration komplementärer Ansätze zur Unternehmensteuerung wie eine Balanced Scorecard, Strategy Maps, Hoshin Kanri oder die Einbindung funktions- und abteilungsspezifische KPIs in Zielsysteme. Egal ob Ziele SMART (spezifisch, messbar, erreichbar, relevant und terminiert) oder als strategische Dimension formuliert sind – eine Software sollte in der Lage sein, verschiedene Zielkonzepte und -systeme und verschiedene Zeithorizonte abzubilden. Hier – so scheint es – sucht der deutsche Mittelstand noch nach einer Lösung.